Kläranlagen werden zu energiewirtschaftlichen Akteuren

Neue Ansätze für die Funktionen für die Kläranlage der Zukunft

Poster Meinungsbild © inter 3 GmbH
© inter 3 GmbH

Die Kläranlage der Zukunft betätigt sich auch energiewirtschaftlich. Neben der Herausforderung der vierten Reinigungsstufe sehen Kläranlagenbetreiber und Experten für die Zukunft auch energetische Potenziale: Durch einen flexiblen Betrieb und neue Speichertechnologien können Kosteneinsparungen für Energie und in gewissem Umfang auch Einnahmen an Energiemärkten erzielt werden. Dies ergab die Befragung von 170 Experten im Rahmen des Forschungsprojektes ESiTI.

Die Online-Befragung mit dem Titel “Kläranlage der Zukunft“ wurde von Februar bis Mai 2016 durchgeführt und war in zwei Teile gegliedert. Im ersten Teil wurden die angesprochenen Akteure aus Abwasser- und Energiewirtschaft, Forschung, Beratung, Verwaltung und Politik zu ihren Prioritäten bei der Bewertung von energiewirtschaftlichen Handlungsstrategien auf Kläranlagen befragt. Dazu wurden ihnen über 30 Kriterien zur Gewichtung vorgelegt. Mit den Ergebnissen dieser Gewichtung ergab sich ein praxistaugliches Kriterienset für den Vergleich von Verfahrensvarianten einer energiewirtschaftlichen Optimierung. Im zweiten Teil wurden die Akteure nach Ihrer Meinung zu verschiedenen Aspekten und Rahmenbedingungen der Sektorkopplung zwischen Abwasser und Energie befragt.

Energiewirtschaftliches Denken und Handeln divergieren

Das so erhobene Meinungsbild deutet auf ein grundsätzliches Selbstverständnis von Kläranlagenbetreibern als in zunehmendem Maße auch energiewirtschaftlich handelnde Akteure hin. In der Umsetzung jedoch fokussieren die Betreiber und auch die Mehrheit der übrigen Befragten dabei auf höhere Eigenversorgung und Energiespeicherung. Hinsichtlich einer Orientierung des Kläranlagenbetriebs am volatilen Stromangebot, z.B. durch Teilnahme an Energiemärkten, waren die Befragten tendenziell skeptisch.

Die zentralen Ergebnisse dieses zweiten Teils der Befragung wurden nun erstmals bei der Abschlusskonferenz des ERWAS-Forschungsprogramms in Berlin als Poster präsentiert und stehen bei der Projektbeschreibung zum Download zur Verfügung.

inter 3 bewertet verschiedene Bewirtschaftungsstrategien

Hauptziel von ESiTI ist die Flexibilisierung der Energieströme einer Kläranlage, mit besonderem Fokus auf Klärschlammfaulung und Faulgasverstromung. Damit kann die Kläranlage als Systemdienstleister im Energiesektor etabliert werden. Aufgabe von inter 3 war zum einen die Untersuchung rechtlicher, politischer, ökonomischer und ökologischer Rahmenbedingungen sowie der Akteurskonstellationen. Zum anderen wurden unter der Anleitung von inter 3 Kriterien für die Bewertung von Handlungsansätzen einer solchen Flexibilisierung und energiewirtschaftlichen Orientierung entwickelt und im Rahmen der Befragung plausibilisiert. Mit diesen Kriterien wurden beispielhaft 4 verschiedene Bewirtschaftungsstrategien für das Zentralklärwerk Darmstadt untersucht und bewertet.